top of page
image.jpg

Das Haus

Casa Elvina

Das Hauptgebäude im Komplex „La Streccia“ ist die Casa Elvina, benannt nach seiner letzten Bewohnerin – einer Handarbeitslehrerin der Schule von Soglio. Das Haus ist seit mehr als einem Jahrhundert unbewohnt. Seit dieser Zeit wurde es nicht renoviert. Auf dem Schornstein des Gebäudes ist die Jahreszahl 1684 in den Kalk eingeprägt, zusammen mit den Initialen des Kaminbauers (A. F. ?). Es zeigen sich dort auch Spuren von eisenbeschlagenen Schuhen, die aus der gleichen Zeit stammen. Das Haus wurde wahrscheinlich noch früher erbaut. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt. Im Laufe der Zeit hat das Haus verschiedene Veränderungen erfahren, die heute nur noch teilweise erkennbar sind. Im Schlafzimmer im zweiten Stock befindet sich eine kleine gemauerte Tür die als Zugang nach draussen diente. Sie stammt aus einer Zeit vor 1600 oder 1700, als noch keine Treppen im Inneren eines Gebäudes gebaut wurden.

Im Eingangsbereich – mit einer flachen Gewölbedecke – befindet sich rechts noch die offene Feuerstelle mit Haube. Dort wurde einst das Essen gekocht, der Ofen geschürt und der Käse zubereitet. Die traditionelle „cigögna“ – der hölzerne Arm, an dem die Töpfe und Kessel aufgehängt wurden – ist nicht mehr vorhanden. Die originale Eingangstüre haben wir in einem sehr schlechten Zustand im angrenzenden Stall gefunden. Sie zeigt noch Spuren von Rauch, den Briefschlitz und einige Einritzungen und Initialen. Auf der linken Seite führt eine Steintreppe in den Keller. Unsere Ausgrabungsarbeiten förderten den ursprünglichen Steinboden wieder zu Tage. Er konnte ebenso wie eine Steinnische wieder hergestellt werden.

Im Erdgeschoss befindet sich die holzgetäferte Stüa. Der Türrahmen ist mit Intarsien versehen. Hier stehen ein hölzernes Buffet und ein Holzofen aus dem 17. Jahrhundert (leider sind das Datum und die Initialen unleserlich).

Im zweiten Stock neben dem Kamin befindet sich in einer Nische das „Plumpsklo“. Es ist immer noch vorhanden, wenn auch in einem sehr schlechten Zustand. Eine weitere Treppe führt auf den Dachboden über dem Schlafzimmer. Hier sind noch Spuren von Roggenähren zu finden. 2017 mussten wir hier einen morschen Balken von Hand ersetzen. Der älteste Gegenstand, den wir im Haus gefunden haben ist vorerst der Deckel eines „giof“ (ein Holzkessel für den Transport von Milch). Das Objekt stammt aus dem Jahr 1644 und trägt die Initialen „S.F.“. 

image.jpg

Außerdem haben wir verschiedene Bücher und Handschriften aus dem 17. oder frühen 18. Jahrhundert gefunden, die in Graubünden gedruckt wurden. Teilweise waren diese in den Wänden versteckt. Einer der herausragendsten Funde ist ein Rechnungsbuch, das einem gewissen Torriani gehörte, der zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert in Soglio lebte.

Dieser Fund, dessen Herkunft ungewiss ist, gibt uns einen Einblick in das Leben in Soglio zu einer Zeit in der unser Haus sicher bewohnt war. In dieser Zeit gab es neben dem bäuerlichen Leben, der Pflege der Wiesen und der Schafzucht einen regen Handelsaustausch mit dem nahen Chiavenna und sogar mit Venedig.

Das Manuskript zeigt auch die Aufträge an Handwerker (Schuster, Schneider, Schreiner etc.), die in der Regel im Dorf vergeben wurden. Es zeigt auch die Preise der Produkte und die Essgewohnheiten. Der Autor des Manuskripts notiert das Datum der Hochzeit – mit einer Frau aus Piuro (Plurs) – sowie die Daten der Geburten der Kinder. Er lässt Angaben zur lokalen Chronik aber fast vollständig weg. Heute wissen wir, dass in Soglio in dieser Zeit viele vermeintliche Hexen oder Verbrecher verurteilt wurden.

In der Casa Elvina haben wir eine Vielzahl von Gegenständen aus der Vergangenheit ausgestellt, die wir während der Restaurierungsarbeiten im Haus gefunden haben. Das Gebäude hat so fast sein ursprüngliches Aussehen als Wohnhaus wieder erlangt. Die Ausstattung des Hauses ist sehr einfach. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Form, der Architektur des Hauses und nur am Rande auf den Objekten und der Einrichtung. Im Haus sind sechs Reproduktionen von Fotografien der Fotografin Evelyn Hofer zu sehen, die charakteristische Gesichter der Bewohner des Dorfes vor etwa 25 Jahren zeigen.

Nach seinen Hauptfunktionen als Wohnhaus, Werkstatt (zum Beispiel auch für einen italienischen Schuhmacher während des Zweiten Weltkrieges) und als Schlafstätte für Hirten und Arbeiter dient das Haus heute als Museum, als Beispiel für ein ursprüngliches bäuerliches Wohnhaus. Es ist eines der letzten gut erhaltenen Exemplare, die so noch im Dorf zu finden sind und das einzige, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Im Haus gibt es kein fließendes Wasser und es ist nur mit einer sehr einfachen und begrenzten Elektrik ausgestattet. Über den didaktischen Zweck hinaus nutzen wir das Gebäude gelegentlich für die Reifung von Ziegenkäse oder Würsten für den privaten Gebrauch. 

bottom of page